Geschichte der kath. Pfarrgemeinde St. Goar

Die katholische Pfarrgemeinde St. Goar steht in der Tradition des heiligen Goar. Goar kam im 6. Jahrhundert aus Aquitanien in Südfrankreich hier an den Rhein und bezog zunächst mit Genehmigung des Bischofs von Trier in der Gemarkung Oberwesel eine Höhle am Rhein, und zwar am sog. Betteck, wie es heute noch genannt wird. Dort stand Goars Bett. Später erbaute er sich eine kleine Kapelle am Wocherbach, dem heutigen Lohbach, und stellte dort Reliquien aus. Den ansässigen Fischern und durchfahrenden Schiffern predigte er vom Christentum und taufte die Gläubigen. Er starb am 6. Juli zwischen 575 und 615 (das genaue Sterbejahr ist nicht bekannt) und wurde in seiner Kapelle beigesetzt.

Die Wohnsiedlung um seine Grabeskapelle erhielt seinen Namen und hieß fortan „St. Goar“. St. Goar wuchs zu einem bekannten Wallfahrtsort heran. Es ereigneten sich Wunder an seinem Grab, sodass Goar als sog. Volksheiliger verehrt wurde. Er ist heute noch Schutzpatron der Winzer und Gastwirte, Schiffer, Töpfer und Ziegelbrenner. Seine Grabeskapelle wurde dem Abt Asver von Prüm geschenkt, der dann im 8. Jahrhundert die erste Kirche erbauen ließ. Es entstand um die Kirche als Zweigniederlassung der Benediktinerabtei Prüm ein Kloster, das später in ein Chorherrenstift umgewandelt wurde. Die heutige evangelische Stiftskirche (erbaut zwischen 1444 bis 1469) ist die dritte Kirche an dieser Stelle, deren Krypta das Hochgrab des heiligen Goar beherbergte.

Landgraf Philipp I von Hessen, genannt der Großmütige, führte 1527 in Hessen, zu deren Territorium auch St. Goar damals gehörte, die Reformation ein. Die erste evgl. Predigt mit Gottesdienst wurde am 1.1.1528 in der Stiftskirche gehalten. Der katholische Gottesdienst wurde verboten, die Wallfahrten eingestellt, das Grab des hl. Goar beseitigt und die Stiftsherren, soweit sie nicht zum neuen Glauben übertraten, vertrieben.

Der Zustand dauerte 125 Jahre, bis ein Urenkel des Landgrafen Philipp, Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels-Rothenburg, am 6. Januar 1652 mit seiner Frau Eleonore und seinen drei Söhnen im Dom zu Köln zum katholischen Glauben konvertierte. Im Regensburger Vertrag vom 11.1.1654 wurde seiner Familie und seinem Hofstaat erlaubt, in der Schlosskapelle auf Burg Rheinfels wieder katholischen Gottesdienst abzuhalten. Der neu formierten katholischen Kirchengemeinde, es waren anfangs schon 300 Mitglieder, wurde erlaubt, erstmals wieder an Ostern 1652 und auch in der Folgezeit in der Krypta der Stiftskirche die hl. Messe zu zelebrieren.

Nach harten Verhandlungen mit dem Grafenhaus Hessen erhielt Landgraf Ernst schließlich 1654 die Genehmigung, vor den Toren der Stadt eine katholische Kapelle zu erbauen. Er erwarb daher zu diesem Zweck am 9.2.1656 von den Erben Schmoll für 490 Taler ein Grundstück auf dem sog. „Porpel“. Die feierliche Grundsteinlegung erfolgte am 1.11.1657. Am Goarstag, dem 6.7.1660, weihte der Mainzer Weihbischof Walenberg das neue im Barockstil errichtete Gotteshaus zu Ehren des hl. Goar und der hl. Elisabeth. Zur Einweihung wurde auch die Tumba des hl. Goar von der Stiftskirche in die neue katholische Kirche feierlich überführt. Diese Grabplatte war schon beim Abbruch der Vorgängerkirche der heutigen Stiftskirche 1440 vorhanden.

Sie dient in der heutigen Pfarrkirche als rechter Seitenaltar. Auch ist noch die älteste Goarsdarstellung erhalten, ehemals ein Gewölbeschlussstein aus der Vorgängerkirche der Stiftskirche, der heute als Goarsrelief den Glockenturm ziert.

Von der barocken Ausstattung sind noch die Kommunionbank sowie die Figuren der Heiligen Petrus, Paulus, Martinus, Johannes von Nepomuk und einige Gemälde vorhanden.

Eine katholische Pfarrei bestand nach der Einführung der Reformation bis zum Jahre 1776 in St. Goar nicht, sondern die Seelsorge wurde durch einen Superior und zwei bis drei Jesuiten, welche von Landgraf Ernst im Jahr 1653 aus Köln hierhin berufen wurden, versehen. 1780 bis 1788 waren Kapuziner als Hilfsgeistliche hier.

Nach Wiedergründung der katholischen Gemeinde in St. Goar gab Landgraf Ernst im Jahr 1666 das „Christlich Catholische zu S. Goär übliche Gesang-Buch“, das sog. „Rheinfelsische Gesangbuch“ heraus. Es versuchte, zwischen dem katholischen und protestantischen Kirchenlied eine Brücke zu schlagen.

Dabei wurde auch ein Versuch unternommen, die deutsche Muttersprache in der katholischen Liturgie einzuführen, was allerdings misslang. Die Zeit war noch nicht reif genug dafür. Das wohl bekannteste Lied aus diesem Gesangbuch, das zum ersten Mal in der Schlosskapelle von Rheinfels erklang, war das heute allseits bekannte Adventslied „O Heiland reiß die Himmel auf“.

Im September 1878 wurde unter Pfarrer Adolf Hölscher ein Gutachten über den Zustand der Bausubstanz bzw. Bausicherheit mit dem Ergebnis der Baufälligkeit des barocken Gotteshauses erstellt. Nachdem das Land Preußen einen namhaften Bauzuschuss bewilligt hatte, brach man 1888 die alten Häuser zwischen der damaligen Kirche und der Heerstraße, das alte Pfarrhaus und auch die Kirche ab. Der Kirchturm blieb stehen. Am 28.7.1889 fand die feierliche Grundsteinlegung statt. Nach Plänen der Kölner Kirchenbaumeister Heinrich Wiethase und Eduard Endler entstand bis 1891 eine neugotische Gewölbebasilika mit Querhaus und Chor. Der alte Kirchturm blieb frei stehen und wurde erst 1923 um ein Stockwerk erhöht und mit dem Kirchenschiff verbunden. Die feierliche Konsekration der Kirche durch den Trierer Bischof Michael Felix Korum erfolgte am 11.7.1896 zu Ehren des hl. Goar und der hl. Elisabeth.

Zur wertvollen Ausstattung der heutigen Pfarrkirche zählen, wie bereits erwähnt, die Grabplatte des hl. Goar sowie ein Triptychon in der Retabel des Hochaltares, das der Schule des Hausbuchmeisters aus dem 15. Jahrhundert (Zeit Albrecht Dürers) zugeschrieben wird. Das Mittelbild zeigt im offenen Zustand die Kreuzigung Christi, die beiden Seitenflügel die Schlüsselübergabe durch Jesus an Petrus, ferner den hl. Sebastian mit der hl. Katharina von Alexandria. Bei geschlossenem Mittelbild wird Mariä Verkündigung dargestellt. Die weiteren Altarbilder wurden von dem Maler Brackel, Kevelaer, im Jahre 1892 hinzugefügt und stellen von links nach rechts die Heiligen Goar, Nikolaus, Clara, Elisabeth, Matthias und Hildegard dar.

Im Schriftenstand der Pfarrkirche kann die Chronik „350 Jahre Katholische Pfarrgemeinde St. Goar“ (herausgegeben 2004) erworben werden, die ausführlich über die Geschichte der Kirchengemeinde und die Ausstattung der Pfarrkirche berichtet.

Im Jahr 2009 hat die katholische Pfarrgemeinde St. Goar 1.193 Katholiken. Sie umfasst die Kernstadt St. Goar mit den Stadtteilen „An der Loreley“, „Gründelbach“ und „Fellen“ sowie die eingemeindeten ehemals selbstständigen Gemeinden Biebernheim und Werlau. In Biebernheim gibt es seit 1956 die Filialkirche „Maria Regina“ und in Werlau einen Betsaal zu Ehren der hl. Elisabeth im Gebäude der ehemaligen katholischen Volksschule.

Die katholische Pfarrgemeinde St. Goar bildet eine Pfarreiengemeinschaft mit der katholischen Pfarrei Niederburg-Urbar. Seelsorger dieser Pfarreiengemeinschaft ist seit dem 19.10.2008 Pastor Manfred Weber.

Franz-Josef Schwarz, St. Goar